Wie wir
wirklich Leben

Studie zur Lebenswirklichkeit in Deutschland Philip Morris GmbH

Lösungsansätze

Die Befunde der Studie sind insgesamt nicht so negativ, wie es Äußerungen über die zunehmende Spaltung der Gesellschaft manchmal vermuten lassen: Rund 60 Prozent der Befragten in beiden Stichproben lassen sich in Erwartungstypen einordnen, die weitgehend zufrieden oder sogar – im positiven Sinne – politisch engagiert sind, die optimistisch in die Zukunft schauen und im demokratischen Rahmen Wandel herbeiführen wollen. Insgesamt ist dieser Befund nicht neu und findet sich in etwa gleich verteilt in einer Vielzahl von Studien. 

Dennoch bleiben in unserer Studie 40 Prozent der Befragten, die sich enttäuscht zeigen, von der Politik abgehängt fühlen, die Zukunft ängstlich sehen, angesichts der aktuellen Lage überfordert sind, sich radikalisieren oder Desinteresse gegenüber Politik und gesellschaftlichen Sachverhalten äußern. Ziel der Studie war es, die Lebenswirklichkeit eben dieser Gruppen genauer in den Blick zu nehmen, um es politischen Akteurinnen und Akteuren in Deutschland zu ermöglichen, besser auf deren Bedürfnisse einzugehen. Es muss vermieden werden, dass diese Gruppen sich gesellschaftlich und politisch weiterhin abgehängt fühlen.

Unsere Ergebnisse zeigen hier klare Punkte über alle Gruppen hinweg auf, die in der Beziehung zwischen Politik und Bürgerinnen und Bürgern problematisch zu sein scheinen. Unser Anliegen ist es, aus den uns vorliegenden Ergebnissen Lösungsansätze für Politikerinnen und Politiker abzuleiten. Hier sei ebenfalls angemerkt, dass es nicht nur Aufgabe der Politik sein kann und darf, die gesellschaftlichen Probleme, mit denen wir uns konfrontiert sehen, zu lösen. Die hier von uns angebotenen Ansätze erheben auch keinesfalls Anspruch darauf, eine vollständige Lösung zu präsentieren. Vielmehr ist es für uns erstrebenswert, in der Debatte allgemein lösungsorientiert vorzugehen. Wir wollen deshalb hier einen ersten Versuch unternehmen, Lösungen über die Problematisierung hinaus anzubieten. 

Allgemein wird Politik in unserer Studie eher negativ bewertet. Aus den Befunden lassen sich die Wünsche nach mehr Transparenz und Verständlichkeit, nach deutlicherer Haltung und klaren Werten, und nicht zuletzt nach einer stärkeren Handlungsfähigkeit der Politik erkennen. Dass es an all dem scheinbar mangelt, hat insgesamt einen Vertrauensverlust gegenüber Politik und Parteien zur Folge. Neu ist der Befund nicht, und uns ist bewusst, dass den betroffenen Akteurinnen und Akteuren das Problem meist bereits bekannt ist. Ein paar Differenzierungen und unter Umständen hilfreiche Ansätze lassen sich in Verbindung mit den oben aufgeführten Wünschen dennoch formulieren. 

Zwischen Haltung in spezifischen Fragen und grundlegenden Werten besteht natürlich ein Zusammenhang, allerdings muss beides getrennt gesehen werden: Werte nicht zu verlieren, während Haltungen zu bestimmten Fragen und Themen sich manchmal ändern müssen, ist wichtig. Grundlegende Werte, die Bürgerinnen und Bürgern Orientierung geben, sind dabei notwendig, um ein klar abgrenzbares Profil der Partei und der eigenen Position zu schaffen. Diese grundlegenden Werte müssen scheinbar deutlicher artikuliert und gegenüber der Bevölkerung besser kommuniziert werden. Allerdings sagten unsere Befragten auch, es gebe zu viel Profilierungssucht, man wünsche sich Kompromisse. Beides zu erfüllen – eine klare Position haben und gleichzeitig auf Kompromisse eingehen – ist mit Sicherheit nicht einfach. Dennoch mag eine Lösung sein, in grundlegenden Fragen klar aufzuzeigen, was die eigene Position ist, während in der politischen Praxis Kompromisse eingegangen werden müssen, die der Parteilinie widersprechen mögen. Hier wäre es aus unserer Sicht ein Anfang, diese Kompromisse nachvollziehbar zu machen – wieso musste man sie eingehen, in welchen Punkten widersprechen sie der eigenen Position, aber aus welchen Gründen hält man sie dennoch für vertretbar? Politik kann hier erheblich durch die eigene Kommunikation dazu beitragen, wieder mehr Klarheit in die Gesellschaft zu bringen.

Verständlichkeit der Politik allgemein schien ebenfalls ein Problem unserer Befragten zu sein – politische Prozesse wurden als gelähmt empfunden, den Parteien vertrauten die meisten Befragten wenig. Wichtige Gründe hierfür mögen sein, dass politische Prozesse zum einen nicht ausreichend transparent gemacht und zum anderen nicht offen und klar genug kommuniziert werden. In Entscheidungsfindungen müssen Verantwortlichkeiten klarer zuzurechnen sein, und der Prozess bis zur Entscheidung an sich muss letztlich nachvollziehbar und gut begründbar sein.

Wer die Komplexität demokratischer Aushandlungsprozesse nicht kennt, mag auch den zeitlichen Aufwand nicht verstehen. Eine stärkere Einbeziehung von Bürgerinnen und Bürgern in politische Prozesse könnte hier ein erster Schritt sein, diese verständlicher zu machen – die positive Bewertung dieses Angebots in unserer Studie spricht dafür. Auch hier muss die Kommunikation mit Bürgerinnen und Bürgern verbessert werden: Ein Verständnis dafür zu schaffen, welchen Aufwand politische Arbeit bedeutet, könnte dem Eindruck der Handlungsunfähigkeit entgegenwirken. Den Aufwand für politische Arbeit kann man nur vermitteln, wenn man die Gesellschaft stärker in die Prozesse einbindet und sie öffentlicher an ihnen teilhaben lässt. Schließlich wurde auch deutlich, dass unsere Befragten von Politik und Staat erwarten, entsprechende Angebote zu machen. Obwohl in unserer Stichprobe nur knapp 20 Prozent der Befragten angaben, sich gesellschaftlich zu engagieren, legen die Ergebnisse nicht nahe, dass dies mangels Interesses auf so geringem Niveau passiert – ganz im Gegenteil war das Interesse an übergeordneten, gesamtgesellschaftlichen Themen sogar sehr hoch. Dennoch wurde die Erwartung deutlich, dass das konkrete Angebot, zu partizipieren und sich zu engagieren, von Seiten der Politik kommen sollte.

Die politische Sphäre für Bürgerinnen und Bürger allgemein mehr zu öffnen, würde außerdem dem Eindruck entgegenwirken, Politikerinnen und Politiker handelten nur unter sich und wären somit weit von der Lebenswirklichkeit der Gesellschaft entfernt. Vertrauen entwickelt sich durch Verständlichkeit, Beständigkeit, Respekt und Ehrlichkeit. Die distanzierten Gruppen können zu einem größeren Teil wieder stärker gebunden werden, wenn Politikerinnen und Politiker deutlich machen, was die eigenen Werte, die eigenen Kompetenzen sind, wo diese beginnen und wo sie enden. Das praktische Handeln muss das Bild durchbrechen, man sei nur aufeinander bezogen.